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Standen in Heinsberg-Kempen Rede und Antwort rund um das Thema BHV1 (v.l.n.r.): Günter Bomanns, Rinder-Union West eG, Prof. Dr. Franz-Josef Conraths, Dr. Arno Piontkowski, Susanne Wolter, Dr. Hans-Helmut Ahlborn, Amtstierarzt des Kreises Heinsberg, und Bernhard Conzen. Foto: Dr. Elisabeth Legge

Einfache Antworten gibt´s nicht

 

BHV1 ist und bleibt ein Thema im Kreis Heinsberg. Sowohl 2018 als auch 2019 gab es Fälle dieser Tierseuche bei Rindern. Die Angst vor einem möglichen Ausbruch in den Betrieben ist groß, denn infizierte Tiere müssen getötet werden und bei hohem Durchseuchungsgrad in der Herde wird sogar die Schlachtung beziehungsweise Tötung des Gesamtbestandes angeordnet. Entsprechend groß war auch die Resonanz auf die Infoveranstaltung rund um das Thema BHV1, zu der die Kreisbauernschaft Heinsberg gemeinsam mit dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises am Freitag vergangener Woche ins Bürgerhaus Heinsberg-Kempen eingeladen hatten. Rund 120 Landwirte und viele Tierärzte waren erschienen, um sich ein bisschen schlauer zu machen in Sachen BHV1. Wie kommt das Virus in den Betrieb? Darauf hatten die Landwirte eine eindeutige Antwort erwartet. Aber es ist längst nicht nur der Tierzukauf, der für den möglichen BHV1-Ausbruch verantwortlich ist. Es gibt viele Risikofaktoren.

„Für NRW und speziell für das Rheinland war es nicht einfach, den Status BHV1-freie Region zu erhalten. Es war ein enormer Kraftakt“, erläuterte Bernhard Conzen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Heinsberg und RLV-Präsident. Er erinnerte dabei auch noch mal an die Handelsbeschränkungen bei Verkauf von Rindern aus dem Rheinland ins BHV1-freie Bundesgebiet, die erst mit Erreichen des Status BHV1-freie Region wegfielen. „Wichtig ist, dass wir den erreichten Status BHV1-freie Region halten“, betonte Conzen.

Dass es in der Tat ein Kraftakt war, bis das Rheinland BHV1-freie Region wurde, machte auch Dr. Arno Piontkowski vom Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium noch einmal deutlich. Erst 2017 sei der Status BHV1-freie Region erreicht worden. Allein in der Zeit von 2001 bis 2012 sei in NRW für die BHV1-Sanierung ein höherer Millionenbetrag nur für Untersuchungskosten und Diagnostika ausgegeben worden. „Das ist Geld aus Ihren Beiträgen an die Tierseuchenkasse“, stellte Piontkowski klar.

Zwölf Betriebe betroffen

Wie die BHV1-Situation speziell im Kreis Heinsberg aussieht, erläuterte Susanne Wolter, stellvertretende Amtstierärztin des Kreises. „Im Juni 2017 waren wir BHV1-freie Region, allerdings hat sich dann das Trauma fortgesetzt“, so die Amtstierärztin. In insgesamt zwölf Betrieben sei im Zeitraum von Oktober 2017 bis März 2019 BHV1 aufgetreten, und zwar in einem Mutterkuhbetrieb sowie in vier Milchkuhbetrieben, davon habe es einen Milchviehbetrieb sogar zweimal getroffen. Diese Betriebe hätten komplett geräumt werden müssen. Hinzu kamen sechs Betriebe mit einzelnen Reagenten, die ebenfalls getötet werden mussten. Insgesamt sind nach Aussagen der stellvertretenden Amtstierärztin circa 2 000 Tiere wegen BHV1 geschlachtet beziehungsweise getötet worden. „Den einen Grund, warum das Virus in den ersten Ausbruchs-Betrieb eingeschleppt wurde, haben wir dabei nicht gefunden“, machte die Veterinärin deutlich.

Aufgrund der BHV1-Situation hatte der Kreis Heinsberg eine kreisweite zusätzliche Untersuchung für die Rinderbetriebe angeordnet. Darüber hinaus würden seit April dieses Jahres die Kosten für freiwillige monatliche Tankmilchuntersuchungen von der Tierseuchenkasse übernommen. „Diese Untersuchungen werden gut angenommen und die erfreuliche Nachricht: Alle Tankmilchproben waren bis jetzt negativ“, so Wolter. Aber: Die Empfehlung, nur Tiere zuzukaufen, die vor der Verbringung auf BHV1 untersucht wurden, werde so gut wie nicht von den Rinderhaltern angenommen. „Leider“, meinte die stellvertretende Amtstierärztin.

Auf Biosicherheit achten

Auch Prof. Dr. Franz-Josef Conraths, Vizepräsident und Leiter des Instituts für Epidemiologie des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), appellierte an die Rinderhalter, bei Zukauf von Rindern unbedingt auf aktuelle Blutergebnisse zu achten. Damit hätten die Betriebe eine gute Möglichkeit, sich vor einer Einschleppung durch Tierzukauf zu schützen. „Vom Händler des Vertrauens kein aktuelles BHV1-Ergebnis zu verlangen, ist schon gesundes Gottvertrauen“, sagte Conraths.

Er zeigte den Rinderhaltern zudem verschiedene andere Ursachen für einen BHV1-Ausbruch auf. Hierzu gehörten neben dem Tierzukauf und dem Tiertransport insbesondere der Eintrag der Seuche durch Personen, die vorher möglicherweise Kontakt zu anderen Beständen hatten, wie Tierhändler, Tierärzte oder der Klauenschneider. „Stellen Sie sich immer die Frage: Wen lasse ich da gerade in meinen Kuhstall?“, lautete hierzu die Empfehlung des FLI-Vizepräsidenten. Er appellierte eindringlich an die Landwirte, unbedingt verstärkt auf die Biosicherheit in ihren Betrieben zu achten.

Die Experten zeigten viel Verständnis für die Sorgen der Heinsberger Rinderhalter. Sie machten aber auch eines deutlich: Genauso wie Deutschland hätten mehrere andere EU-Länder inzwischen den Status BHV1-frei. Und auch in NRW sei dieser Status seit zwei Jahren endlich erreicht. Darüber hinaus seien Länder wie Luxemburg und Belgien im offiziellen Sanierungsverfahren. „Es war ein Kraftakt für NRW soweit zu kommen und wir sollten das Erreichte unbedingt halten“, betonte Piontkowski.